Das tschechische Start-up-Unternehmen Neuron Soundware entwickelt eine Technologie für die automatische, vorausschauende Wartung von Industriemaschinen. Mithilfe der Schall-/Vibrationsanalyse der Maschinen ermöglicht die Technologie die Erkennung drohender Ausfälle, die kostspielige Reparaturen und Produktionsausfälle bedeuten würden. Die Technologie basiert auf einer Kombination aus künstlicher Intelligenz, die auf neuronalen Netzen und maschinellem Lernen beruht, und dem IoT-Gerät nBox, das die Daten von Sensoren empfängt und verarbeitet. Die Neuron Soundware-Technologie wird von Kunden in der ganzen Welt eingesetzt, von den Prager Verkehrsbetrieben bis hin zu einem Halbleiterhersteller in Malaysia.
Pavel Konečný: Bei Neuron Soundware liefern wir Technologie als Dienstleistung für die Industrie. Damit unterscheiden wir uns von den meisten unserer Mitbewerber. Wenn wir Industrieanlagen überwachen, handelt es sich nicht um einen einmaligen Auftrag, sondern um eine kontinuierliche Online-Fernüberwachung mit Datenverarbeitung durch KI. Es liegt in der Natur der Sache, dass KI ständig lernt, und so verbessert sich der Service immer weiter, weil wir ständig etwas über das Verhalten der überwachten Maschine lernen.
Der Vorteil von Technologie als Dienstleistung ist Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit. Die Diagnose basiert nicht auf einer Softwareversion oder einem Maschinenzustand, sondern auf der kontinuierlichen geräteübergreifenden Anwendung der neuesten Erkenntnisse.
Ein Beispiel ist der Betrieb von Transformatoren im Freien, deren Geräusche sich im Laufe des Jahres mit der Temperatur ändern. Würden wir in einer einzigen Messung Schall oder Vibrationen messen, würden wir ein Ergebnis erhalten, das auf eine Anomalie durch die Temperaturänderung hinweist. Dank der künstlichen Intelligenz wissen wir, wie sich die Messwerte bei unterschiedlichen Temperaturen kontinuierlich verändern, so dass wir dem Kunden keine "falschen Warnungen" schicken müssen.
P.K: Es gibt viele Änderungen. Wir haben eine neue HW entwickelt, die den spezifischen Anforderungen der vorausschauenden Wartung entspricht. Wir ermöglichen jetzt die Verwendung von Standard-IEPE-Sensoren (Integrated Electronics Piezo-Electric), was die Qualität der Erfassung des Verhaltens rotierender Maschinen erheblich verbessern wird. Wir haben auch die Installation für die Kunden vereinfacht, indem wir die Verfahren mit denen der konventionellen technischen Diagnostik standardisiert haben. Dadurch hat sich die Komplexität der Installation verringert, die nun von einem typischen Wartungsfachmann mit Videoanweisungen durchgeführt werden kann.
Zusätzlich haben wir die unterstützte Alarmfunktion eingeführt. Der Kunde hat nun die Möglichkeit, die Ursache des Problems an der Maschine und dessen Behebung aus der Ferne mit unserem Spezialisten zu besprechen. Darüber hinaus haben wir eine Maschinenbibliothek in die Maschinenzustandsbewertung implementiert, was in der Praxis bedeutet, dass unser Service mit Standard-Vibrodiagnoseverfahren und deren Automatisierung angereichert wird.
Wir haben uns auf dem Markt durch die Diagnose spezifischer Fehlertypen für bestimmte Maschinentypen differenziert, zuletzt bei Rolltreppen und Pumpen. Mit diesem Wissen bauen wir unsere Dienstleistungen weltweit weiter aus.
Schließlich haben wir die Datenverarbeitung verbessert. Unser IoT-Gerät verarbeitet die Schall- und Vibrationsdaten der Maschine direkt an der Anlage (on edge), also direkt in der Fabrik. Dies führt zu einer sichereren Datenübertragung, was den Übertragungsweg betrifft. Wenn das Internet ausfällt, macht das nichts, denn die digitalisierte Diagnose findet direkt beim Kunden statt.
P.K.: Die erste wichtige Anwendung der Neuron Soundware-Technologie ist die vorausschauende Wartung, bei der wir uns auf die genaue Diagnose bestimmter Maschinenfehler konzentrieren. Die zweite ist die Prozesskontrolle. Mit unserer Technologie können wir den Produktionszyklus durch eine genaue Schalldiagnose des Produktausstoßes verkürzen. Zum Beispiel können wir bei Kiesbrechern, Schrottschmelzen oder Farbpigmentmühlen die Produktqualität kontrollieren. Diese hat einen charakteristischen Klang, den wir in einer bestimmten Phase des Prozesses überwachen. Anstelle eines zeitlich festgelegten Produktionslaufs kann der gesamte Prozess gerade so lange dauern, bis das Produkt die gewünschte Konsistenz, Form, Körnung usw. erreicht hat. Dadurch sparen die Kunden bis zu 15% an Produktionszeit, die für die weitere Produktion genutzt werden kann.
P.K.: Der Markt, auf dem unsere Technologie zum Einsatz kommt, wächst um 25% pro Jahr und wird sich bis 2024 mehr als verdoppeln. Dies ist eine riesige Chance und macht uns zuversichtlich, dass Neuron Soundware ein weiteres unaufhaltsames Wachstum in allen Märkten erleben wird.
P.K: Automatisierung ist ein häufig genanntes Thema, ebenso wie die Digitalisierung der Instandhaltung, bei der unsere Erfahrungen bei einem Getriebehersteller für die Automobilindustrie ist ein Beispiel dafür. Eine Störung an einem Heliumkompressor ohne frühzeitige Erkennung bedeutete dreierlei: den Austausch der gesamten Anlage, Schäden an den eigentlichen Getriebeteilen und nicht zuletzt bis zu 16 Stunden Produktionsausfall. Mit uns automatisierte der Hersteller die Wartung durch kontinuierliche Fernüberwachung des Zustands der Anlage. Er weiß jetzt genau, wann ein bestimmtes Bauteil der Anlage ausgetauscht werden muss, damit sie weiterläuft.
Das Problem, das Know-how im Unternehmen zu halten, wird auch deshalb immer akuter, weil immer weniger Fachleute zur Verfügung stehen und ältere Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Das Bestreben, das Know-how zu erhalten, führt dazu, dass Wissen in digitale Lösungen umgesetzt wird, um die schwindenden Arbeitskräfte zu ersetzen.
Alle diese Trends wurden durch die Pandemie unterstrichen, bei der die Wartung so weit wie möglich aus der Ferne und mit minimalen physischen Eingriffen durchgeführt werden musste. Zusätzlich zu unserer Technologie, die eine automatisierte Maschinenüberwachung und ein Fernwartungsmanagement ermöglicht, verfügen wir auch über interne Diagnoseexperten, die den Produktionsleiter bei der Bestimmung des Maschinenzustands und der Priorisierung der Wartung für den gesamten Maschinenpark unterstützen können. Auf diese Weise arbeiten wir zum Beispiel in Zellstoff- und Papierfabriken, wo wir über ausgezeichnete Erfahrungen verfügen.
P.K.: Wir waren weltweit unter den Ersten, die eine automatisierte Tonanalyse und Datenverarbeitung vor Ort (Edge Computing) auf IoT-Geräten eingesetzt haben. Dies bringt Vorteile bei der Geschwindigkeit der Datenverarbeitung, eliminiert die Sicherheitsrisiken bei der Übertragung von Daten an den Server und erleichtert die Anbindung an die lokale Dateninfrastruktur.
P.K.: Wir erwarten Rekordaufträge für Ausrüstungen aus Westeuropa und Asien. In beiden Märkten sehen wir eine größere Innovationsbereitschaft, teure und knappe Fachkräfte und größere Budgets, die speziell für Innovationen bereitgestellt werden.
Bei unseren Nachbarn in Deutschland sehen wir zum Beispiel langfristiges Denken, das 20 Jahre vorausschaut. Sehen Sie sich zum Beispiel die deutschen Investitionen in erneuerbare Energien und Elektromobilität an. Sie sehen in die Zukunft, sie denken in längeren Zeithorizonten. Das zahlt sich auf lange Sicht aus. Das Gleiche wird für die Digitalisierung der Instandhaltung gelten. Die Vision von Industrie 4.0 wird also schon bald Früchte tragen.
In gleicher Weise sind sowohl Korea als auch China sehr rational bei ihren Investitionen in die Digitalisierung. Sie sehen die Zukunft in Investitionen in moderne Technologien und treffen viel langfristigere Entscheidungen als wir es von anderen Märkten gewohnt sind.
Ein exklusives Interview mit Pavel Konečný wurde veröffentlicht unter EASYENGINEERING
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